Mit ihrer Erfahrung in der Modebranche hat Laura Böntert unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen, indem sie in ihrer Serie „Instagram vs. Real Life – Bridal Edition“ die Qualität von online gekauften Brautkleidern bewertet. Über diese viel geschätzte Serie hinaus ist Laura auch die Gründerin und CEO von Bride Cycle.
In einem exklusiven Interview erklärt Laura Böntert, Gründerin und CEO von Bride Cycle, wie ihr Unternehmen Designer und Brautgeschäfte unterstützt, gibt Einblicke in ihre Bridal Pop-up-Stores und erörtert die Notwendigkeit, sich an die heutige Braut anzupassen.
Was hat Sie dazu inspiriert, Bride Cycle zu gründen und wie lange sind Sie schon im Geschäft?
Während Corona war ich beruflich für Ralph Lauren in Tokio tätig und habe dort geholfen, den Online-Shop für Ralph Lauren Japan aufzubauen. Während meiner Zeit in Japan war ich fasziniert vom Vintage-Markt dort. In Deutschland kommt es mir vor, dass Leute oft nur ihren „Ramsch“ loswerden wollen. Ganz anders in der japanischen Kultur. Hier kam mir der Gedanke von Brautkleidern, die ja einen sehr geringen Abnutzungsfaktor haben. Bei einer wochenlangen Marktrecherche wurde mir klar, wie undigitalisiert und unmodern der Brautmodenmarkt seit Jahren ist. Das hat mich überrascht, denn die heutige Heiratsgeneration sind die Digital Natives (30+) und die Gen Z folgt ab 2025. Im November 2021 habe ich dann gegründet und die Marke schützen lassen. So richtig los ging es aber erst 2022 nach einem Jahr Entwicklungszeit.
Können Sie das Konzept von Bride Cycle erklären?
BRIDE CYCLE war zu Anfang nur ein reiner Omni-Channel-Marktplatz. Bräute und werdende Bräute können dort ihr Kleid kaufen und verkaufen, aber auch Brautgeschäfte und Designer können ihren eigenen Shop-in-Shop innerhalb der Plattform für eine monatliche Gebühr erwerben. Dies vereinfacht Bräuten die Brautkleid-Suche, da sie sich bequem von zu Hause einen Überblick verschaffen und direkt über die Plattform ihre Termine ausmachen können. So kann die Braut gezielter suchen und auch die Brautgeschäfte ihre Termine vor Ort effizienter gestalten, da sie bereits wissen, was der Braut auf den ersten Blick gefällt. 60 % der Bräute, die vorab ihr Brautkleid gesehen haben, kaufen es auch. Das erleben wir auch in unseren eigenen Pop-Up-Stores. Neben dem Marktplatz hat sich seither ein ganz neues Geschäftsmodell ergeben. Durch meinen Co-Founder Tobias Triebel (Vorstand Woehrl) erhielt ich 2022 die Möglichkeit, anfangs für reine Werbezwecke, einen Pop-Up-Store bei dem Traditionskaufhaus Ludwig Beck in München zu betreiben. Dieser war so erfolgreich, dass wir dies deutschlandweit ausweiten wollten.
Können Brautmodengeschäfte ihre unverkaufte Ware bei Bride Cycle verkaufen? Gibt es eine Begrenzung?
Ja, das können sie sowohl online als auch stationär. Wir sehen jedoch online hohe Retouren, weshalb wir aktuell an einer Click-and-Collect-Lösung arbeiten innerhalb von festen Verkaufsflächen. Dazu darf ich allerdings noch nicht viel sagen. Online gibt es keine Begrenzung, bei unseren stationären Pop-Up-Flächen hängt es stark von der Verkaufsfläche sowie von der Anzahl der Verkaufsteilnehmer ab. Zwischen 10 und 20 Brautkleider.
Was passiert, nachdem sich Brautmodengeschäfte registriert haben, um ihre Waren zu verkaufen?
Erst einmal müssen sie mit uns in Kontakt treten. Nur private User können sich direkt registrieren. Wir möchten aber einen persönlichen Kontakt zu den Designern sowie Brautgeschäften aufbauen, um deren Bedürfnisse und Probleme zu verstehen. Danach erhalten sie ihre Zugangsdaten und können ihre Kontaktdaten sowie Kalenderfunktionen hinterlegen und so viele Produkte, wie sie wollen, hochladen. Hier ist die Anzahl unbegrenzt. Neben Brautkleidern gibt es weitere Produktkategorien zur Auswahl. Wir schalten Google-Performance-Anzeigen und verfolgen übers Targeting die entsprechenden Standorte lokal, um so genug Traffic auf die entsprechenden Seiten zu lenken. Wir sehen, dass in 80 % die WhatsApp-Chat-Funktion genutzt wird. Die Online-Käufe sind eher gering und gehen nur bis zu einem Preispunkt von 1000 €.
Und was sind die Vorteile für Designer, mit Bride Cycle zusammenzuarbeiten?
Exklusive Rechte, bei unseren Pop-Up-Stores teilzunehmen, mehr Sichtbarkeit und gezieltere Terminvereinbarungen, da die Braut vorab weiß, was es zu kaufen gibt. Seine Designs nicht transparent zu zeigen, ist nicht mehr „Bridal-friendly“ und eher sehr veraltet. Man sieht auch, dass die Brautgeschäfte viel transparenter auf Instagram werden, warum also nicht auch auf BRIDE CYCLE? Unsere Zielgruppe ist 90 % weiblich. 10 % sind Männer, die Brautkleider ihrer (Ex)-Frauen verkaufen.
Erzählen Sie uns ein wenig über die Bride Cycle Pop-Up-Store-Events und die Art und Qualität der dort angebotenen Kleider.
BRIDE CYCLE hat Exklusivrechte mit Kaufhäusern und Outlets verhandelt. Hier verkaufen wir Last-Season und preisreduzierte Samples zur direkten Mitnahme. Wichtig zu erwähnen: keine Privatverkäufe. Wir bieten verschiedene Größen an, die Kleider gibt es allerdings nur als Einzelstück, was dazu führt, dass gerade preissensitive Bräute sich zum einen schneller entscheiden (FOMO) und das unkomplizierte und moderne Fashion-Environment schätzen. Man kann mit und ohne Termin vorbeischauen. Die Braut findet Brautkleider zur direkten Mitnahme sowie Schuhe, Accessoires und Shape-Wear an einem Ort. Unsere Cross-Selling-Rate ist sehr hoch, weshalb aktuell sehr viele Kaufhäuser mit uns über Zusammenarbeiten sprechen wollen. Wir arbeiten auf einem Kommissionsmodell und arbeiten direkt mit den Designern, aber auch mit den Brautgeschäften zusammen. Denn diese haben ein Problem: Sie haben zum Teil sehr hohe Warenbestände und möchten, bevor die Samples abgeschrieben werden, versuchen, diese loszuwerden, ohne hohe Kosten und minimiertem Risiko. Auch große Marken wie Ralph & Russo fragen bereits bei uns an, um ihre Couture-Ware der letzten Jahre in einem Premium-Fashion-Environment zu verkaufen.
Weitere Probleme bei Brautmodengeschäften sind hohe „No-Show“-Raten. Wir verkaufen, um einmal in Zahlen zu sprechen, das Vier- bis Fünffache dessen, was ein normales Brautgeschäft in der Woche macht. Da 80 % der Käufe spontane Käufe sind und auch viele Käufe mit dem Ehemann erfolgen, wollen wir nun gezielter mit Marken kollaborieren, wie beispielsweise im letzten Pop-Up-Store im Wertheim Village mit Hugo Boss. Im Durchschnitt verkaufen wir in 10 bis 14 Verkaufstagen 20 bis 25 Brautkleider sowie weitere Produktkategorien wie Schmuck. Wir profitieren als kleines Start-Up natürlich sehr von den Marketingreichweiten der Kaufhäuser und stündlichen Durchsagen.
Sie haben kürzlich eine Instagram-Serie „Bridal Edition“ gestartet, in der Sie günstige Online-Brautkleider mit der Realität vergleichen. Berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen.
Wir bei BRIDE CYCLE versuchen, up-to-date zu bleiben, nicht zu verurteilen, aber den Markt zu analysieren, zu verstehen und natürlich mitzugehen, wenn nötig. Viele Bräute kamen zu uns in den Pop-Up-Store, da sie noch dringend ein Kleid benötigten. Getäuscht von Online-Käufen und nun panisch auf der Suche. Ich wollte dem auf den Grund gehen. Der Branche geht es schlecht. Das ist auch kein Geheimnis. Gründe sind viele Online- und Billig-Anbieter aus Australien und China sowie eine Übersättigung des Marktes. Erschreckenderweise auch Otto und Kaufhäuser wie P&C oder Best Secret, die sehr günstig Brautkleider anbieten. Wir testen die Kleider und schauen, was dran ist am Erfolg oder Misserfolg. Allerdings kann ich schon mal sagen, dass die Quote der getesteten Brautkleider eher sehr negativ ausfällt. Kleider sind Mangelware. Onlineshops wie Self-Portrait und Farfetch, die Brautkleider für 600 Euro verkaufen, nehmen die Ware nicht zurück, obwohl Kleider mit Mängeln angeliefert wurden. Pakete, die wochenlang beim Zoll hängen, und man dadurch „angeblich“ sein Recht auf Retouren verpasst. Sehr beliebt bei den Bräuten ist der australische Onlineshop-Anbieter Meshki. Hier erhält man Brautkleider schon zwischen 50 und 600 Euro. Jedes Kleid ist einzeln verpackt, mit recyceltem Papier zum Wiederverschließen. Die etwas teureren Kleider haben ein „Do not Open“-Band längs um das Kleid gewickelt – wenn man dies nicht abmacht, kann man das Kleid retournieren. Und die Produktbilder im Shop und auf Instagram entsprechen der Realität. Somit vermeidet man als Online-Store Retouren von getragenen Kleidern. Wir finden das eine sehr gute Lösung und nehmen natürlich auch so positive Learnings als Start-Up mit.
Meiner Meinung nach, auch aus meiner langjährigen Berufserfahrung bei Ralph Lauren, kann ich nur sagen, dass die Branche komplett falsch auf die Konkurrenz reagiert. Immer wieder starke Sale-Perioden und „Outlets“ zu präsentieren, kann nicht die Lösung sein. Die Branche muss sich anpassen, und das müssen auch die Designer verstehen. Betriebsschutz zum Beispiel: Was bringt es mir, wenn ich als Laden das Design nicht verkaufen kann, aber der nächste Second-Hand-Laden schon? Niemals werden Online-Shop-Anbieter einem stationären Brautgeschäft das Wasser reichen können. Das ist uns allen klar. Ein Brautkleid-Kauf ist etwas Emotionales und hat Erklärungsbedarf. Allerdings müssen sich Brautgeschäfte mehr der heutigen Zielgruppe anpassen. So wie es die „letzten Jahre gemacht worden ist“, kann es nicht weitergehen. Das spürt man jetzt auch deutlich am Markt.
Was ist als Nächstes für Bride Cycle geplant? Können wir in den kommenden Monaten mit weiteren Pop-Up-Events rechnen?
Aktuell ist es seit dem letzten Pop-Up im Mai etwas ruhiger geworden, da ich nach zwei Jahren Selbstfinanzierung auf Investitionssuche bin. Pitchen vor Investoren bedarf sehr viel Zeit und Ausdauer. Was wir jetzt wissen: Unser Konzept funktioniert. Aber eines fehlt uns: Personal! Wir benötigen mehr Personal, zum einen für die deutschlandweiten Pop-Up-Stores, die ab Herbst wieder starten. Sowie für unsere neue Verkaufsreihe – BRIDE CYCLE Fleamarkets. Hier planen wir Verkaufsevents rein für die privaten Verkäufe, da die Nachfrage sehr hoch ist. Außerdem sind ein bis zwei feste Verkaufsflächen innerhalb der Kaufhäuser für 2025 geplant. Also dauerhafte Platzierungen, um auch das Thema Click & Collect weiter auszubauen. Wir haben einige Online-Käufe, aber leider auch sehr hohe Retouren. So möchten wir den Retouren entgegenwirken und mehr Vertrauen schaffen. Demnächst werden mich, so wie es aussieht, weitere zwei Powerfrauen aus der Brautmodenbranche unterstützen. Darauf freue ich mich sehr! Denn gemeinsam Erfolge zu feiern, ist viel schöner als allein!
Wir bedanken uns bei Laura Böntert von Bride Cycle für dieses Interview.
Für weitere Informationen besuchen Sie Bride Cycle