Stoffe, Schnitte, Freizügigkeit: Das Brautkleid unterliegt seit 20 Jahren einem Wandel, der schier unglaublich ist.
Das „klassische Brautkleid“ ist längst passé: Die Wünsche der Kundinnen könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Männer aber heiraten noch immer gleich und treten im Anzug vor den Traualtar, oder? Weit gefehlt, wie Jo Meurer, der Chefdesigner des europaweit agierenden Herrenmode-Labels im Exklusiv-Interview mit unserem Portal verrät.
Der Anzug heißt zwar noch immer ein Anzug, weiß der Experte. Doch mit den Modellen, die er zu Beginn seiner Zeit bei dem etablierten Unternehmen vor knapp zwei Jahrzehnten entworfen hat, haben sie längst nichts mehr zu tun. „Zu Beginn meiner Zeit war die Weste noch nicht obligatorisch. Heute ist ein Hochzeiter ohne dieses Kleidungsstück einfach nicht mehr perfekt angezogen“, sagt der 61-jährige Stern am Designer-Himmel, der ans Aufhören bei Weitem noch nicht denkt. „Armani ist 82 Jahre alt, Lagerfeld bringt es auf 74 Jahre – in der Modebranche ist für Leidenschaftliche zum Glück kein Verfallsdatum gesetzt.“
Beim Rückblick auf die Entwicklung der Weste gerät der Wahl-Münchener ins Schwärmen. „Zu Beginn war es gefühlt etwas Besonderes, überhaupt eine Weste zu tragen. Heute kann jeder Endkunde damit Teile seiner Individualität ausdrücken.“ Von Modellen in Barockoptik über 3D-Mustern bis hin zu einer Vielfalt von verschiedenen Mustern reicht die Palette heute – über die unzähligen Stoffvarianten noch gar nicht gesprochen. „Ich habe neue Varianten mit Stehkragen, Modelle mit sechs und bis acht Knöpfen und unzähliges mehr“, erzählt Meurer, der sich selbst auch als Realo der Mode bezeichnet. Entwickelt haben sich diese Neuerungen der Saison 2018 stetig. Von Jahr zu Jahr seien die Männer ein kleines Stückchen experimentierfreudiger geworden.
Ebenso im Wandel Zeit befand sich in den vergangenen 20 Jahren der Halsschmuck des Bräutigams. „Es gab anfangs keine denkbaren Alternativen für den Hochzeiter als die Blastrons“, sagt Meurer. Bis vor vier Jahren sei das breite Modell hauptsächlich gefragt gewesen. „Vor vier Jahren ging der Trend hin zu schmaleren Krawatten“, erzählt Meurer, der als Professor an der Universität Trier im Fachbereich Gestaltung lehrt. In der kommenden Saison sind aber nicht nur die breiten Modelle wieder im Kommen sondern vor allem die Fliege, die ihr verstaubtes Image gänzlich verloren hat. „Sie steht heute für Innovation und Avantgarde. Die Männer tragen sie heute, ohne spießig zu wirken“, beschreibt Meurer. Bevorzugt kombiniert werden sie seit zwei Jahren mit zweifarbigen Einstecktüchern.
Auch farbtechnisch hat sich in den vergangenen Jahren in Sachen Anzug viel getan. „Nachdem wir die Braunperiode überstanden haben, begann vor rund sieben Jahren die Bewegung hin zum blau“, weiß Meurer. Abgelöst wurde die Farbe in den vergangenen Jahren von perlmutt- oder silberfarbenen Tönen.

„Neu im Trend ist derzeit, den Anzug in barolo rot zu tragen – ein schwarzrot, das sich jeder gut vorstellen kann, der gerne ein Glas Wein trinkt“, sagt Meurer mit einem Lachen. Seine Inspiration nimmt der zugängliche Designer aber nicht aus abendlichen Getränken. „Ich bin unterbewusst immer auf der Suche und nehme auf, was mich bewegt. Das ist für mich keine Arbeit. Ich will meine Trends selber setzen.“
Für weitere Informationen über Wilvorst besuchen Sie: www.wilvorst.de





